Der von Kürenberg

Ich zôch mir einen valken mêre danne ein jâr.
dô ich in gezamete als ich in wolte hân
und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant,
er huop sich ûf vil hôhe und floug in anderiu lant.
Sît sach ich den valken schône fliegen:
er fuorte an sînem fuoze sîdîne riemen,
und was im sîn gevidere alrôt guldîn.
got sende si zesamene die gerne geliep wellen sin!
»Ich zog mir einen Falken länger denn ein Jahr.
Als er von mir gezähmt und mir nach Wunsche war
und ich um sein Gefieder goldene Bänder wand,
steil stieg er in die Lüfte und flog in anderes Land.
Fortan sah ich den Falken herrlich schwingen:
er trug an seinem Fuße seidene Schlingen,
es glänzte sein Gefieder um und um von Gold.
Gott sende sie zusammen, die sich sehnsüchtig hold.«
 

 

Der Dichter ist persönlich schwer zu bestimmen, wahrscheinlich ein Österreicher ritterlichen Geschlechts aus der Gegend westlich von Linz a. d. Donau. Er dichtete etwa 1150/60. Seine Gedichte gelten als die ältesten uns bekannten Minnelieder.
Das Bild zeigt den Sänger im Gespräch mit seiner Dame, die als Fürstin dargestellt ist, als Landesherrin, von der der Dichter in seiner Strophe spricht »Nu brinc mir her vil balde mîn ros, mîn îsengewant, wan ich muoz einer frouwen rûmen diu lant« ("Bringt mir schnellstens mein Pferd, mein Eisenkleid her, denn ich muß einer Dame das Land räumen") Das Wappen zeigt einen Mühlstein, eine Anspielung auf den Namen, denn mhd. kürn heißt Mühle. Kürenberg

(Quelle: Minnesinger in Bildern der Manessischen Liederhandschrift, hrsg. von W. Koschorreck, Insel tb 88, Frankfurt a.M. 1974
Neuhochdeutsche Übertragung aus: Deutscher Minnesang, Nachdichtung von Kurt Erich Meurer, Reclam 7857 [2], Stuttgart 1978)